Die Klinge ist gewetzt

Die Klinge kommt gerade aus der Glut, sie ist noch heiß und rot. Das Tauchbad kühlt sie ab, nimmt ihr das äußerliche Feuer. Nur ein Zischen ist zu hören. Das Öl rinnt an der Klinge herab bis zur Hand, in der sie gehalten wird. Die letzten Funken fliegen hilflos umher, fliegen ihre letzte Bahn, bis auch sie auf die Erde fallen und als Staub zerfallen. Die Klinge wird erneut gezückt, in die heiße Glut gelegt, der Blasebalg bewegt, das Feuer wieder angefacht. Die Flammen schlagen wild umher, peitschen das Metall, greifen es überall. Ein wildes Schauspiel ist zu sehen, neue Funken sprühen, als gäbe es den morgigen Tag nicht mehr zu sehen.

Die Schneide ist feuerrot und schreit nach dem Verlangen, aus den Flammen befreit zu werden. Ihrer Vollendung entgegenzuschreiten, nicht weiter in der Glut zu sein. Aus dem Feuer gezogen und auf den Amboss gelegt. Den Hammer geschwungen und die Schneide mit kräftigen Schlägen auf die Glut in die gewünschte Richtung bewegt. Pfeilgerade bis hin zur Spitze, eine lange Gerade und der Senke zur Schneide hin, ein schönes Stück, das erneut ein Ölbad nimmt. Tief eingetaucht kommt das Metall langsam zu Ruhe, die Glut erlischt und die Hitze entweicht langsam aus dem Herzen des Schmiedestücks.

Die Tortur der Feuerstelle ist geschafft, die Klinge ist in Form gebracht, elastisch und hart. Bereit dafür, im Glanze gezeigt zu werden. Sich von den Schmiederesten zu befreien und in einem neuen Gewand zu erscheinen. Das Schleifrad wird in Gang gebracht, die Klinge bekommt das zu spüren. Es löst sich das dunkle Matt, es erscheint das funkelnde Metall, das im Feuer geboren. Die Seele, die tief verborgen in der Klinge liegt, bleibt verborgen. Geschönt nach außen, wunderschön anzusehen, ist es jedoch erst das halbe Kleid.

Das Messer ist gewetzt, die Klinge scharf und rein. Jetzt folgt die Vollendung an dem metallenen Kleid. Die Verzierungen werden hineingeschlagen, die Muster gefeilt. Den Namen vergeben, eingraviert, damit jeder weiß, aus welcher Meisterhand diese Klinge stammt. Mit Nelkenöl eingerieben und auf Hochglanz poliert. Die lange Geburt ist vollbracht. Die Klinge erstrahlt mit Stolz und voller Pracht, bis der richtige Träger gefunden ist. Der sie verdient und mit Ruhm und Ehre sein Leben lang tragen wird.